Der Junge im Rock

Antolin Quiz
von Kerstin Brichzin, Igor Kuprin (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 30. April 2018

Der Junge im Rock

Wir reden immer davon, wie tolerant wir sind, wie modern und aufgeschlossen. Wir setzen uns für die Gleichstellung der Frau und die Ehe für alle ein. Doch wie tolerant sind wir wirklich? Würden wir unserem Sohn erlauben, einen Rock und Glitzershirts zu tragen? Oder würden wir ihn ermahnen, dass das doch Mädchenkleidung sei?

Der Junge im Rock

Felix ist ein ganz normaler Junge. Er spielt gerne, tollt herum und geht in den Kindergarten. Und Felix mag noch etwas sehr gern: Röcke. Am liebsten sind ihm Tellerröcke, die sich drehen, wenn er über die Wiese tanzt und die ganz viel Luft an seine Beine lassen. Denn bei einem Rock kneift und zwickt nichts, wie bei Hosen. Bisher wurde Felix so akzeptiert: von seinen Eltern, von seiner Erzieherin und von seinen Freunden im Kindergarten. Doch als die Familie in eine andere Stadt ziehen muss, ändert sich das schlagartig. Felix wird von allen komisch angeguckt und ausgelacht. Röcke, sagen sie, tragen doch nur Mädchen! Da hat sein Vater eine Idee...

Eine Geschichte über Toleranz und Akzeptanz

"Der Junge im Rock" ist ein ganz besonderes Bilderbuch zu einem besonderen Thema. In der Geschichte geht es um Anderssein, um Individualität und um traditionelle Rollenbilder. Anders als in den meisten Bilderbüchern geht es hier aber nicht um ein (Tier-)Kind, das einen anderen Charakterzug und eine andere Wesensart als der Rest seiner Familie hat. Nein, hier geht es um einen Jungen, der sehr offenkundig und deutlich hervorsticht. Der etwas wagt und damit gegen unsere deutlichen Rollenvorstellungen verstößt: Er trägt gerne Röcke.
Mädchen tragen Röcke.
Frauen tragen Röcke.
Schotten tragen Röcke (die allerdings Kilts heißen).
Aber Jungs tragen keine Röcke.
Damit spricht das Buch ein sehr spezielles Thema an. Eine Familie verstößt gegen die Rollenvorstellungen, gegen die Kleidervorschriften für Jungs und Mädchen. . Die Eltern akzeptieren den Wunsch des Sohnes uneingeschränkt und unterstützen den Jungen auch darin. Seine Schwester stört es nicht, Felix ihre Röcke zu leihen, wenn sie dafür seine Hose anziehen darf. Die Mutter geht mit den Jungen in die Mädchenabtzeilung, um ihm einen Rock zu kaufen. Und auch sein Umfeld hat Felix so akzeptiert, wie er ist. Doch das ändert sich mit dem Umzug in eine andere Stadt. Hier wird Felix ausgeschlossen, schief angesehen und über seine Eltern wird schlecht gesprochen. Allerlei Boshaftigkeiten und üble Anschuldigungen fallen. Doch davon lassen ich Felix und seine Familie nicht einschüchtern, egal wie schwer es ist und wie weh es tut. Er steht zu seinem Kleiderwunsch und seine Familie unterstützt ihn weiterhin. Sein Vater sogar auf sehr deutliche Weise.
Ein wirklich vorbildliches Verhalten, für das man die Familie bewundert und ihr Respekt zollt. Denn in Zeiten von Gleichstellung der Frau, der Homoehe und der Kritik an geschlechtertypischen Spielzeugen fragt man sich natürlich schon, warum ein Junge seiner Individualität nicht nachgehen und Röcke tragen darf. Erst am Schluss wird Felix  von einem anderen Jungen aus dem Kindergarten gefragt, warum er das tut.  Die Erwachsenen trauen sich das allerdings nicht.Genau wie die Geschichte sind auch die Illustrationen anders und keineswegs wie der Mainstream. So besonders wie Felix, zeichnete Igor Kuprin mit leuchtenden Farben und mitunter plakativ die Szenen. Sie spiegeln Felix' Gefühle und Traurigkeit sehr gut wieder. Damit ergänzen die Bilder  die Handlung sehr gut.

"Der Junge im Rock" ist ein außergewöhnliches Bilderbuch mit einer ganz klaren Botschaft. Es ist ein Plädoyer für Individualität, Eigensinn, persönliche Entfaltung und das Anderssein. Seine Geschichte geht dabei unter die Haut, regt zum Nachdenken und vor allem Hinterfragen an, wie tolerant und offen wir wirklich sind. Würden wir unseren Sohn erlauben, Röcke zu tragen?

Details

Bewertung

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