Käferkumpel

von M. G. Leonard
Rezension von Janett Cernohuby | 26. Mai 2016

Käferkumpel

Es gibt Trendthemen, die für Geschichten gerne und immer wieder aufgegriffen werden. Es gibt aber auch Themen, die man selten bis gar nicht in Büchern antrifft. Käfer zählen dazu. Das ist nicht verwunderlich, finden die einen sie lästig und die anderen eklig. Zudem kann man Käfer nicht wie einen Hund erziehen und noch weniger folgen sie dem, was Menschen sagen. Wie soll da also ein Roman über sie funktionieren? M. G. Leonard zeigt es uns mit seinem Jugendbuch "Käferkumpel".

Das Verschwinden von Darkus' Vater gibt nicht nur der Polizei ein Rätsel auf. Denn Bartholomew Cuttle scheint wie vom Erdboden verschluckt. Der Raum, aus dem er verschwand, hat kein Fenster und nur eine Tür, durch die man gehen kann. Diese war aber von innen verschlossen. Was ist hier vorgefallen?
Darkus, der vorrübergehend bei seinem Onkel lebt, ist fest davon überzeugt, dass sein Vater entführt wurde. Er beginnt Nachforschungen anzustellen und stolpert dabei in ein überaus wahnwitziges Abenteuer. Auf der Straße fliegt ihm ein Nashornkäfer zu, der ihm fortan nicht mehr von der Seite weicht. Darkus tauft ihn auf den Namen Baxter. Als Darkus von seinen seltsamen und verrückten Nachbarn gefangen genommen und eingesperrt wird, helfen ihm ein Haufen Käfer bei der Flucht. Genau auf diese Käfer hat es eine geheimnisvolle Frau abgesehen. Lucretia Cutter besitzt nicht nur ein angesagtes Modelabel, sondern auch eine große Leidenschaft für Käfer. Doch ihre Pläne dienen ganz gewiss nicht dem Wohl der Käfer. Darkus muss schnell handeln, um seinen Vater zu befreien und seine neuen Käfer-Freunde vor Lucretia Cutter zu beschützen.

"Käferkumpel" ist ein brillanter Jugendroman mit einem großartigen Plot. Dieser präsentiert den Lesern ganz ungewöhnliche Handlungsfiguren: eine Horde Käfer mit dem Nashornkäfer Baxter als Anführer. Da wird beim Lesen sicherlich der eine oder andere ein Kribbeln auf der Haut verspüren und glauben, es sind Käferbeinchen, die den Arm hinaufkrabbeln. In der Tat trifft man zahlreiche Vertreter dieser Insekten: Nashornkäfer, Glühwürmchen, Eichenprachtkäfer, Bombardierkäfer, Mistkäfer, Harlekinkäfer, Blasenkäfer, Sandlaufkäfer und noch manch anderen. Das Buch ist also für Leser, denen es vor diesen kleinen Krabbeltieren gruselt, mit Vorsicht zu genießen. Andererseits sollten sie darüber hinwegsehen, denn ansonsten würde ihnen hier eine großartige Geschichte entgehen. Ein Roman, der von der ersten Seite bis zur letzten spannend und packend geschrieben ist. Eine Handlung, die skurril und großartig ist. Käfer die ähnlich wie Hunde auf ihren Menschen hören, die nach Anweisungen Kunststückchen vorführen, aber auch zur Hilfe eilen. Käfer, die gemeinsam anpacken und verstehen, wenn ihr Zuhause bedroht wird. Autor M. G. Leonhard griff diesen Faden auf und sponn ihn weiter. Durch die Zusprechung dieser Charakterzüge verlieren die Käfer auch das Abstoßende, das ihnen sonst anhaftet. Sie werden zu intelligenten Tieren, die faszinierend und sympathisch sind.
Doch nicht nur die Darstellung der Krabbeltiere ist großartig gelungen, auch die der menschlichen Charaktere. Darkus, der im Mittelpunkt von allem steht, ist ein sympathischer, wenngleich etwas eigenwilliger Junge. Das mysteriöse Verschwinden seines Vaters, die Tatsache, dass er nun auf sich alleine gestellt ist, bringt ihm zudem weitere Sympathiepunkte beim Leser. Nachdem er zu seinem Onkel gezogen ist, lernt er schnell neue Freunde kennen. In der Schule zählen sie zu den Außenseitern, doch Darkus merkt bald, dass er sich auf sie verlassen kann und sie gute Freunde sind. Das Böse wird in Form von Lucretia Cutter dargestellt. Die Wissenschaftlerin ist besessen von Käfern, hat einst ein fragwürdiges DNS-Projekt gestartet, das sie unbedingt beenden möchte. Dafür geht sich äußerst rücksichtlos vor und scheut auch vor Drohungen nicht zurück. Ihr weiteres Schicksal bleibt am Ende des Buches offen, was vermuten lässt, dass wir nicht das letzte Mal von ihr und all den anderen gelesen haben.

"Käferkumpel" ist kurz gefasst ein außergewöhnlicher und großartiger Jugendroman. Barry Cunningham, Harry Potter-Entdecker und Chicken House-Verleger, hat nicht unrecht, wenn er dem Titel Klassiker-Qualitäten nachsagt. Das Buch begeistert mit einer ungewöhnlichen und spannenden Geschichte, mit großartigen Charakteren und einer bunten Käfervielfalt. "Käferkumpel" sollte man unbedingt gelesen haben.

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