Gibt es eigentlich noch diese Orte, an denen Kinder wild und frei sein können? An denen sie sich einfach mit Freunden treffen und dann auf ihren Fahrrädern losziehen, um Abenteuer zu erleben? Ja, es gibt sie noch und Frank Schmeißer hat einen dieser Orte gefunden, in einer autofreien Siedlung rund um eine alte Feuerwache.
Hühnerrettung der besonderen Art
Doch zunächst startet die Geschichte mitten in der Großstadt. Hier lernen wir den zehnjährigen Jakob, seine Eltern und seine Schwester Lilli kennen, die gerade mitten im Umzugsstress stecken. Denn die Familie will an den Stadtrand ziehen, ins Feuerviertel, eine autofreie Siedlung. Bis sie dort ankommen, müssen nicht nur die Umzugskisten verladen werden, sondern es warten noch andere Chaosmomente, vor allem auf Jakob und seinen Vater. Was für uns lustig klingt, ist für Jakob allerdings Stress pur. Denn er leidet unter einer schweren Angststörung, die auch der Grund für den Umzug ist. Auf dem Land soll der Junge zur Ruhe kommen und lernen, mit der Angststörung umzugehen. Als er mit seinem Vater endlich dort angekommen ist (der Vater kannte noch die berühmte Abkürzung durch die Kleingartensiedlung), lernt Jakob gleich ein paar Nachbarskinder kennen. Sie gehören zur Phönix-Bande, offiziell einer Lerngruppe, inoffiziell einer Bande, die immer auf der Suche nach Abenteuern ist. Als Jakob ihnen von dem fiesen Kleingartenbesitzer erzählt, der in einer dunklen Hütte Hühner hält, fassen die den Plan, das Federvieh zu retten. Und Jakob darf bei der Rettungsaktion nicht fehlen. Denn Angst kann uns manchmal beflügeln und dabei helfen, über uns hinauszuwachsen.
Über sich hinauswachsen
Frank Schmeißer startet mit „Schisser und ich“ eine originelle Kinderbuchreihe, die nicht nur unterhält, sondern auch tiefgründige Themen aufgreift. In ihrem Mittelpunkt steht der zehnjährige Jakob, der uns die Geschichte auch direkt selbst erzählt. Jakob leidet unter starken Angststörungen, wovon er uns gleich zu Beginn in Kenntnis setzt. In diesem Zusammenhang stellt er uns auch Schisser vor, sein therapeutisches Kuscheltier in Form eines Hasen, den er immer bei sich trägt und der in Situationen mit großer Angst beruhigen soll.
Jakob also zieht mit seinen Eltern an den vermeintlich ruhigen Stadtrand, der nicht nur um eine alte, aufgelassene Feuerwehr aufgebaut wurde, sondern der auch eine autofreie Gegend ist. Hier erhofft sich die Familie Ruhe. Doch sie irrt gewaltig, denn gleich nach der Ankunft wird vor allem Jakob vom bunten Treiben der Siedlung mitgerissen. Er freundet sich mit den Kindern an, die die Phönix-Bande gegründet haben. Von nun an geht es Schlag auf Schlag. Weder Jakob, noch die Hörerschaft bekommt Zeit, durchzuatmen. Eine Szene jagt die nächste, wobei sie zwischen komisch und amüstanten Fettnäpfchen hin- und herwechseln. Jakobs Angststörung ist zwar präsent, wird aber nicht überthematisiert. Sie ist ein Teil von ihm, und ja, sie führt auch manche witzige Situation herbei. Allerdings macht sich der Autor nicht über den Jungen lustig, sondern er zeigt, dass man auch mit Humor an schwere Themen herangehen kann. Zudem ist es beeindruckend, wie die Phönix-Bande mit Jakobs Outing umgeht. Anstatt ihn auszulachen, wie er es bisher gewohnt war, zeigen seine neuen Freunde Mitgefühl und Verständnis. Sie wollen trotzdem mit ihm befreundet sein und ihn auch weiterhin bei ihren Aktionen dabeihaben. Jakobs Stunde kommt, bei der er nicht nur seine Freundschaft beweist, sondern vor allem seinen Mut. Denn als es drauf ankommt, nimmt Jakob all seine Kraft zusammen und steht seinen Freunden zur Seite - ohne lange nachzudenken. Er wächst über sich hinaus und zeigt, dass man auch mit einer Angststörung mutig sein kann. Sehr sogar.
Großartig liest Julian Greis dieses erste Abenteuer im Feuerviertel. Gekonnt lässt er die Kulisse und die darin handelnden Personen zum Leben erwachen. Er verleiht ihnen ihre eigenen Stimmen, Charakter und damit der Handlung Atmosphäre. Witzig, ernst, humorvoll und tiefgründig führt er die Hörerschaft durch dieses erste Abenteuer, das viel zu schnell vorbei ist.
"Schisser und ich“ ist der Auftakt in die gleichnamige Kinderbuchreihe, in der es nicht nur um Angststörung und über sich hinauswachsen geht, sondern in der wir ein autofreies Setting präsentiert bekommen, in dem Kinder Abenteuer erleben und unerwartete Freundschaften schließen. Einfach toll geworden.
Details
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Band:1
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Erschienen:05/2025
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Typ:Download
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Altersempfehlung:8 Jahre
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ISBN 13:9783844941814
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Spieldauer:175 Minuten