Mit Pauken und Trompeten

Das Gespenst von Canterville

von Oscar Wilde, Henrik Albrecht
Rezension von Janett Cernohuby | 20. November 2017

Das Gespenst von Canterville

Klassik macht Spaß, egal ob es dabei um Musik oder Literatur geht. Wer glaubt, dass diese beiden unterschiedlichen Genres nichts miteinander verbindet, dass das eine etwas ganz anderes ist, als das andere, der irrt. Komponist Henrik Albrecht zeigt, dass man klassische Musik wunderbar mit klassischen Werken der Literatur verbinden kann. Seine Produktion des "Gespenst von Canterville" ist der beste Beweis. Im Jahr 2007 war es Preisträger des Deutschen Hörbuchpreis, 2017 wurde ihm der Beo verliehen.

Ein Gespenst versetzt alle in Angst und Schrecken

Seit 300 Jahren treibt ein Gespenst im Schloss Canterville sein Unwesen. Zahlreiche Menschen hat es in Angst und Schrecken versetzt, manche davon sogar in den Tod getrieben. Bis eines Tages die New Yorker Familie Otis im Schloss einzieht. Die aufgeklärte amerikanische Familie lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Gegen rasselnde Ketten in der Nacht bietet sie dem Gespenst Schmieröl an und der unheimliche Blutfleck, der seit 300 Jahren auf dem Wohnzimmerteppich zu sehen ist, wird einfach mit Teppichreiniger entfernt. Jeden Tag aufs Neue. Das Gespenst ist verzweifelt. Die sanfte und liebenswerte Tochter Virginia hat Mitleid mit ihm. Sie möchte ihm helfen, dass es endlich Ruhe findet. Doch das ist keine leichte Aufgabe.

Ein großer Klassiker, der hoffentlich nie vergessen wird

Kindern heutzutage noch klassische Werke näherzubringen, ist alles andere als einfach. Der Erzählton ist oftmals zu langatmig, zu wenig kurzweilig und nicht reißerisch genug. Zugegeben, "Das Gespenst von Canterville" ist nicht gerade Kinderlektüre, ist die Geschichte über das alte Schlossgespenst teilweise recht gruselig. Dennoch gelingt es Henrik Albrecht, sie auch für Kinder zu adaptieren. Seine Kombination aus klassischer Musik und, in diesem Fall, klassischem Text ist einfach großartig. Die beiden Sprecher Peter Fricke und Laura Maire, die als Erzähler durch die Geschichte führen, lesen ihren Part einfach großartig. Mal gruslig, bedrohend, dann wieder humorvoll und erleichternd nehmen den Hörer gefangen. Doch am beeindruckendsten ist wohl die Kombination von Text und Orchestermusik. Henrik Albrecht untermalt mit seinen Liedern nicht nur die Geschichte, er begleitet sie und bebildert sie. Es ist seine Musik, die beim Hörer überhaupt erst Gänsehautstimmung aufkommen lässt. Vor allem die Geige spielt bei diesem Hörspiel eine wichtige Rolle. Durch ihre vielen Klangfarben kann sie gespenstisch klingen, kalt und eisig wie Wind und Regen, die gegen Fensterschieben peitschen, oder auch einmal zart und zerbrechlich. Gerade durch die Hervorhebung dieser vielen unterschiedlichen Stimmungen und Klänge bekommt das Hörbuch überhaupt erst diesen grusligen Charme.
Das führt aber auch zu der Frage, für welche Altersgruppe diese Produktion letztendlich geeignet ist. Verlagsseitig ab sechs Jahren empfohlen, sollten Eltern ihre Kinder beim Hören dennoch begleiten. Denn gerade aufgrund der Orchestermusik wird die Geschichten mitunter sehr schaurig, was insbesondere zartbesaitete Kinder verstören kann. Wenn man das Hörbuch aber mit ihnen gemeinsam hört, ihnen erklärt, dass sich am Ende alles zum Guten wendet und niemand wirklich in Gefahr ist, finden sie durchaus Freude an der grusligen Stimmung.

"Das Gespenst von Canterville" von Oscar Wilde, in einer Hörbuchproduktion von Headroom mit Musik von Henrik Albrecht, ist eine perfekt gelungene Kombination. Man könnte fast glauben, die Geschichte wäre extra für die Musik geschrieben worden und nicht umgekehrt. Denn die Orchestermusik transportiert die gruslige Stimmung der Geschichte perfekt und lässt den Hörer in einen einmaligen Hörgenuss eintauchen. Wenngleich es für Kinder stellenweise sehr gruselig wird und man das Hörbuch am besten mit ihnen gemeinsam hört, können sie dennoch an dieser Produktion Gefallen finden.

Details

Bewertung

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