Britta Sabbag im Gespräch

„Es wird mit der Hummel weitegehen, so lange, bis sie uns nichts mehr zu erzählen hat.“

Beitrag von Janett Cernohuby | 18. Oktober 2017

Eine Bestsellerautorin, eine bekannte Sängerin und eine erfolgreiche Kinderbuchillustratorin. Alle drei vereint ein kleines, brummendes Wesen: Die Hummel Bommel. Bereits dreimal hat Bommel ganz besondere Abenteuer voller großer Gefühle und Musik erlebt. Nun ist den drei Damen ein weiterer Streich gelungen: "Hummel Bommel und die Liebe". Auf der Frankfurter Buchmesse nutzen wir die Gelegenheit für ein Interview mit Britta Sabbag.


Britta Sabbag Mittlerweile ist das vierte Buch über die kleine Hummel Bommel erschienen. Worin liegt der Erfolg?

Es kommen noch ganz viele weitere Bücher. Ich glaube, es ist die Kombination von allem: Der Text, der sehr stimmig, ein bisschen poetisch aber auch witzig und emotional ist. Dazu die Songs, die hochwertig und genauso wichtig und wertvoll wie der Text sind. Und obendrauf die Bilder. Man kann nicht eines einfach wegnehmen, alles gehört zusammen. Diese Kombination ist es, die den Erfolg ausmacht.

Erzählst du uns etwas über den neuen Band „Die kleine Hummel Bommel und die Liebe“?

Die Hummel Bommel fragt sich, was die Liebe ist. Eines Morgens geht sie zum Kindergarten, sieht die Eltern sich von den Insektenkindern verabschieden und hört sie sagen: „Ich hab dich lieb“. Die Hummel fragt sich, was bedeutet das überhaupt, jemanden lieb zu haben? Was ist Liebe überhaupt?
Sie geht von Insekt zu Insekt, beziehungsweise trifft mehrere Insekten und stellt fest, dass es nicht eine Antwort darauf gibt, sondern dass es sehr verschiedene Formen der Liebe gibt. Es gibt freundschaftliche Liebe, es gibt romantische Liebe, es gibt Mutterliebe, die auch eine Portion Geduld braucht. Man kann auch etwas lieben. Die Leidenschaft, die Liebe zu etwas, lernt sie von Stefan Stinkwanze, der das Pupsen liebt. Man kann also auch etwas lieben, was andere ganz doof finden. Sie trifft Meo den Mechanikerkäfer. Der liebt gutes Werkzeug, denn das repariert alles. Bommel fragt nach, wirklich alles? Und dann sagt Meo: "Nein, stimmt, nur die Liebe repariert alles."
So kommt sie der Liebe auf die Spur und am Ende, hat sie gelernt, es gibt so viele verschiedene Formen der Liebe und trotzdem haben sie alle eins gemeinsam: Liebe ist Liebe. Für jeden ist Liebe die Liebe, die er lebt. Man kann nicht sagen, diese eine Form ist wahre Liebe, es gibt viele verschiedene Formen und sie sind alle gleich bedeutungsvoll.

Als 2015 das erste Bommel-Buch erschien, habt ihr mit solch einem Erfolg gerechnet?

Nein, auf keinen Fall! Wir nicht, der Verlag auch nicht. Keiner von uns. Ich glaube, das ist auch das besondere, es gibt ja auch viele Promi-Bücher, die haben einige Wochen Werbung, es wird in den Medien darüber berichtet - und dann geht der Verkauf stark runter. Bei uns war es anders. Es war ja kein Promibuch. Maite und ich haben uns bei einem Filmprojekt kennengelernt und festgestellt, dass wir uns gut verstehen und ergänzen. Wir sind uns in vielen Punkten ähnlich und in vielen Punkten gar nicht. Diese Kombination war so gut, dass wir gedacht haben, wir wollen etwas zusammen machen. Dann kam diese Geschichte auf, mit der ich mich schon länger beschäftigt habe. Hummeln können eigentlich nicht fliegen, aber was bringt sie dazu, es doch zu tun? Da sagte Maite, hierzu fehlt noch ein Lied. Ich habe geantwortet, sie soll doch eines schreiben, worauf sie sagte, das machen wir zusammen. Wir haben uns also zusammen hingesetzt und geschrieben, während die Kinder schliefen. Da liefen auch einige Tränchen. Wir haben gemerkt, da steckt mehr drinnen. Das ist nicht einfach nur ein Spaßprojekt, sondern das ist schon ein Stück von der Seele, das man da hergibt. Genau das wurde uns auch wieder zurückgegeben. Viele Mütter sind bei Lesungen ebenfalls zu Tränen gerührt. Die Geschichte berührt die Leute und deswegen ist es kein Promibuch, sondern ein Hummel Bommel-Buch.

An Bilderbüchern arbeitet manchmal ein Autor, manchmal sind es Autor und Illustrator. Bei der Hummel Bommel seid ihr zu dritt: Maite Kelly, Joëlle Tourlonias und du. Wie kann man sich diese Zusammenarbeit vorstellen?

Maite und ich treffen uns immer zum Schreiben. Wir schließen uns für ein paar Tage mit einer Idee ein, über die wir schreiben wollen. Wir wissen schon ungefähr, was wir machen wollen, wie es ungefähr aussieht und in welche Richtung es gehen soll. Wir gehen sehr lange mit einer Idee schwanger. Über die Liebe hatten wir schon vor eineinhalb Jahren nachgedacht. Zum Schreiben verpuppen wir uns immer ein bisschen - so wie Ricardo Raupe. Dann reden wir sehr viel, schreiben und verwerfen wieder, schrieben weiter und merken, dass man die ganz großen Gefühle - Liebe, Glück, Mut - auf eine einfache Grundmessage herunterbrechen muss. Das ist sehr schwer. Wie erklärt man die Liebe? Man kann 100 Jahre drüber erzählen, ohne zu einem Ende zu kommen. Das ist immer wieder eine Herausforderung. Aber immer, wenn mir nichts einfällt, fällt Maite etwas ein, und umgekehrt. Manchmal ist es wirklich so, dass einer den Satz vom anderen beendet. Dann trennen wir uns, weil wir uns nicht mehr ertragen können und vermissen uns nach ein paar Tagen schon wieder. Wir sprechen erneut über unser Projekt, gehen alles durch bis am Ende ein Text steht, von dem wir beide überzeugt sind. Anschließend geht alles an Joëlle, die nun die Zeichnungen dazu macht.

Könnt ihr euch da auch noch mal mit einbringen?

Ja. Wir können schon sagen, wie wir uns was vorstellen. Beispielsweise war es beim letzten Bild bei der Liebe so, dass Joëlle hierfür die Szene mit Bommel, dem Teddy und Ricardo zeichnete, die sich umarmen Maite und ich hatten die Vision, dass diese Szene über einem riesigen Sonnenblumenfeld platziert sein sollte. Es sollte ein großes Abschlussbild ergeben, das man als Poster aufhängen könnte. Also zeichnete Joëlle ein Sonnenblumenfeld hin.
So etwas ist kein Problem. Ansonsten trifft sie eigentlich sehr genau unsere Vorstellungen. Sie hat ein paar ganz tolle Ideen, dazu muss man der auch nicht viel sagen. Beispielsweise das Marienkäferbild. Das ist so süß und wir haben wir uns so viel gelacht.

Wie habt ihr einander gefunden?

Maite und ich haben uns über dieses Filmprojekt gefunden und gleich gemerkt, irgendwie ist da was. Joëlle lernten wir über den Verlag kennen. Sie bekam das Projekt vorgestellt, hat uns einen Entwurf von der Hummel geschickt und wir waren sofort begeistert. Wir fanden das so süß.

Mit der Reihe um die kleine Hummel Bommel tauchen die Leser ein in die Welt der Insekten und Krabbeltiere. Warum gerade diese?

Wir haben uns gar nicht für die Insekten entschieden, die Hummel kam zu mir. Und zwar in der Form dieser alten Mär, die jeder kennt: Hummeln können eigentlich gar nicht fliegen. Irgendein Physiker hat gesagt, das geht gar nicht und ein anderer hat geantwortet, das geht doch. Ich habe mir damals gesagt, wenn sie nicht fliegen kann, dann liegt das ja daran, dass sie einfach schlechte Voraussetzungen hat. Wenn man bedenkt, dass sie nicht mit den besten Voraussetzungen ins Leben gestartet ist und es trotzdem schafft, weil sie sich irgendwie überwindet. Das fand ich mir so nah. Ich finde, nicht jeder kommt mit den besten Voraussetzungen auf die Welt und man kann sich trotzdem behaupten. Genau das tut die Hummel Bommel. Ich dachte mir, das müsste man irgendwie mal aufschreiben. Kein Roman, das war mir klar - aber was dann? Dann wäre die Form eigentlich nur ein Kinderbuch. Ein Kinderbuch hatte ich noch nicht gemacht, warum also nicht? Ich habe mit Maite darüber gesprochen und dann haben wir unsere Geschichte geschrieben.
Wir haben uns also gar nicht für die Insekten entschieden, sondern die Hummel kam zu uns, beziehungsweise zu mir.

Du hast vorhin schon angedeutet, dass es noch mehr von der Hummel Bommel geben wird. Worauf dürfen sich die Leser und Fans im nächsten Frühjahr freuen?

Britta Sabbag Die ganz großen Themen bleiben.
Wir haben bei den Lesungen festgestellt, dass es viele Kinder mit kleineren Geschwistern gibt. Auch sie lauschen ganz gebannt der Hummel und sind begeistert von ihr. Da war uns klar, wir wollen auch etwas für sie machen und so entstand die Baby-Linie, mit Eintragealbum und -karten, einem Pappbilderbuch zum Thema Einschlafen und einigen anderen, feinen Neuheiten.

Bist du sehr naturverbunden?

Ich liebe es im Wald spazieren zu gehen. Wenn ich einen vollen Kopf habe oder nicht weiterkomme mit Ideen, gehe ich in den Wald. Was ich noch häufiger besuchen würde, wenn ich es vor der Tür hätte, wäre das Meer. Mindestens zwei/dreimal im Jahr brauche ich das Meer. Das sind die beiden Elemente, die ich brauche fürs Leben.
Tiere mag ich total gern. Ich mag Hummeln. Die sind mir sympathischer als Bienen, ich weiß gar nicht genau, warum. Vielleicht, weil sie flauschiger sind.

In jedem Bilderbuch ist auch ein Lied von Maite Kelly zu finden. Welche Bedeutung hat es für die Geschichten?

Die Lieder sind superwichtig und genauso wichtig wie die Bilder. Für mich sind alle drei Elemente gleichwertig. Das Lied ist immer die Zusammenfassung der ganzen Geschichte, die ganze Reise der Hummel, alle Fragen und alle Antworten. Alles, was die Hummel in einem Buch bewegt, wird in dem Lied auf den Punkt gebracht.

Plant ihr schon das nächste Abenteuer für die Hummel Bommel?

Wir sind immer dabei. Wir haben immer wieder neue Ideen, müssen uns damit auch zurückhalten.

Vor der kleinen Hummel hast du Romane für erwachsene Leser geschrieben. Was hat dich dazu bewogen, die Zielgruppe zu wechseln?

Nur die Idee. Es war keine bewusste Entscheidung, ab sofort Kinderbücher zu schreiben. Ideen kann man nicht planen, die kommen einfach. Die Hummel habe ich nicht gesucht, die kam zu mir. Und da die einzige Form, in der ich diese Geschichte machen konnte, ein Kinderbuch war, musste es halt ein solches werden.

War es schwierig, plötzlich für eine andere Zielgruppe zu schreiben?

Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich habe das Gefühl, ich bin angekommen. Es ist nicht leichter für Kinder zu schreiben, aber es fühlt sich für mich richtig an. Wir machen es uns auch nicht leicht mit diesen großen Themen. Es macht einfach Spaß.

Für welche Zielgruppe fällt es leichter zu schreiben? Erwachsene oder Kinder?

Ich möchte das gar nicht werten. Ich habe an beidem Spaß und schreibe aktuell an einem All Age Fantasyroman. Das macht riesigen Spaß, ist aber auch sehr zeitintensiv. Da bin ich froh, wenn ich mal nicht über ein Jahr an einem Buch arbeite, sondern mit Maite zusammen schreibe. Diese Abwechslung finde ich schön.

Von der Hummel Bommel sind aktuell vier Bücher erschienen. Welches steht dir am nächsten?

Man sagt ja immer, das aktuelle Buch steht einem am nächsten, weil es noch frisch ist. Das aktuelle berührt mich sehr. Wobei ich muss sagen, ich liebe jedes einzelne Buch aus verschiedenen Gründen und bei jedem geht mir das Herz auf. Aber „Du bist du“ hat mir die Tür geöffnet und ist daher am wichtigsten. Aber jedes hat so seine Geschichte. Es ist genauso, wenn man fragen würde, welches seiner Kinder man am meisten liebt.

Gibt es Autoren oder Bücher, die dich auf deinem Weg als Autorin beeinflusst haben?

Ich halte nichts von Vorbildern, ich habe auch keine. Ich denke, jeder muss seinen eigenen Weg finden. Was mich aber sehr beeindruckt und begleitet hat, ist „Ronja Räubertochter“. Ronja ist ohne Superheldenkräfte über sich hinausgewachsen. Sie hat auch nicht gezögert sich Konflikten zu stellen und sie hat für Freundschaft gekämpft. Ich wollte immer sein wie Ronja Räubertochter.

Gestern wurde der Deutsche Kinder- und Jugendliteraturpreis verliehen. Deine Meinung zu den Gewinnerbüchern?

Ich habe keines der Bücher gelesen, aber es sind sehr spezielle Bücher und ich habe mir vorgenommen, das eine oder andere zu lesen.
Gerade beim Bilderbuch "Hier kommt keiner durch!" haben mich die außergewöhnlichen Illustrationen beeindruckt, die ich vorher so noch nicht gesehen habe.

Was sind deine nächsten Pläne und Projekte?

Es wird mit der Hummel weitegehen, so lange, bis sie uns nichts mehr zu erzählen hat. Dabei werden immer die großen Themen im Vordergrund stehen.
Es kommt der All Age Roman und natürlich weitere Bilderbücher. - Ich habe sehr viele und unterschiedliche Ideen.

Liebe Britta, vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Ich wünsche dir noch viel Spaß und Erfolg mit der kleinen Hummel Bommel.

Britta Sabbag

Britta Sabbag im Gespräch