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Daniel Bleckmann im Interview auf der Frankfurter Buchmesse

„Ich lach mich auch selber manchmal über meine eigenen Texte kaputt.“

Beitrag von Janett Cernohuby | 26. Oktober 2023

Anfang 2023 erschien der Auftakt zu einer neuen Kinderbuchreihe von Daniel Bleckmann: „Die KoboldKroniken: Sie sind unter uns“. Hier passte einfach alles zusammen, Story, Aufmachung, Stil und natürlich der Zeitpunkt. Im September erschien der zweite Band, zudem wird die Reihe von weiteren Büchern und Produkten begleitet. Auf der Frankfurter Buchmesse ergab sich für uns die Gelegenheit, mit Daniel Bleckmann ins Gespräch zu kommen.


Daniel Bleckmann Interview auf der Frankfurter Buchmesse KoboldKronikenDeine KoboldKroniken sind von der Leserschaft mit Begeisterung aufgenommen worden. Was glaubst du, ist das Erfolgsrezept?

In die KoboldKroniken habe ich natürlich ganz viel von meinem Lehrerleben hineingepackt. Ich bin ja Lehrer für Deutsch und Biologie und erlebe da ganz viele interessante Geschichten. Mit meinen Schülerinnen und Schülern, im Lehrerzimmer. Das gibt es viel Material. Der große Kontrast ist dann - es geht ja nicht nur ums Schulleben. Die Kinder gehen ja später in die Koboldwelt hinunter und erleben Abenteuer. Schule dagegen ist manchmal nicht so interessant und nicht so abenteuerlich. Da unten findet dann das wahre Abenteuer statt. Ich glaube, diese Mischung aus Schulalltag und Abenteuer spricht ganz viele Leute an.

Die KoboldKroniken sind Comicromane, bei denen Text und Bilder stark miteinander verknüpft sind. Wie verlief die Zusammenarbeit mit Illustrator Thomas Hussung?

Thomas und ich telefonieren und Whats-appen jeden Tag. Zwar schreibe ich anfangs den Text und baue darin zunächst auch schon kleine Illustrationen ein, bringe also Vorschläge dafür, Thomas setzt sie dann um. Er nimmt nicht immer alles von mir. Manchmal hat auch er Vorschläge für den Text. So ein Buch kann man natürlich nicht alleine schaffen. Darum kommunizieren wir jeden Tag. Meine Frau hat schon mal gesagt, „Du telefonierst viel mehr mit Thomas, als du mit mir redest.“ *lacht*

Und hat Thomas mit seinen Zeichnungen auch schon mal Einfluss auf die Handlung selbst genommen?

Absolut. Etwa bei den Heinzeln hier im 2. Band. Ich wollte Gartenzwerg-ähnliche Typen haben, allerdings nicht zu klassisch. Thomas hat dann einen Vorschlag gemalt, den fand ich dann viel zu grummelig. Thomas dachte aber, er hätte das niedlichste Wesen seit Baby Grogu aus „The Mandalorian“ entworfen. Wir haben dann lange diskutiert, wie die Heinzel aussehen sollen, und uns auf einen Kompromiss geeinigt, der uns beiden gefällt.

Wie ist die Idee zu den KoboldKroniken entstanden?

Als uns 2020 das Corona-Virus zwang, zuhause zu bleiben, habe ich meine Schüler über das Internet unterrichtet - und gleichzeitig meine Kinder am Küchentisch. Ich war total genervt von Schule. Da kam mir die Idee, über Schule zu schreiben. Über Dinge, die manchmal nicht ganz so rund laufen, wie man sich das eigentlich wünscht. Manchmal dachte ich bei mir, manche Schulen oder Lehrer, manche Schüler, vielleicht auch mancher Schulleiter sind bestimmt von Kobolden unterwandert oder ausgetauscht worden. So entstand die Idee. Darum habe ich den 1. Band auch „Sie sind unter uns“ genannt.

Interview mit Daniel Bleckmann auf der Frankfurter Buchmesse KoboldKroniken

Fragen aus der Junior-Redaktion:

Azzar hatte ja nur einen Helm von dem Schratmeister auf. Gibt es eine Figur, der wirklich ein Schratmeister ist?

Das darf ich noch gar nicht verraten, das wird erst sehr später aufgelöst. Azzar hat tatsächlich nur den Helm des Schratmeisters genommen und sich als solcher ausgegeben.

Ist der Koboldkönig König Do-Sohn-des-Ri-Sohn-des-An böse?

Nein, das ist ein guter Koboldkönig. Wenn du genau in seinen Namen reinschaust, versteckt sich darin sogar der Vorname von meinem Sohn.

Ist Alberich tot?

Das sind harte Spoiler-Fragen, die du stellst. Alberich ist ja der Ur-Zwerg, der letzte der Nibelungen-Zwerge, der die Kobolde erschaffen hat. Und - nein, der ist nicht tot, aber er ist eine gottgleiche Persönlichkeit. Er ist sehr mächtig und mischt sich sehr stark in die ganze Historie ein; in das Schicksal von unseren Helden. Aber nein, tot ist er nicht.

Wie hat Alberich die Kobolde erschaffen?

Alberich war langweilig, er brauchte Gesellschaft. Also hat er ganz viele Komponenten genutzt: Lachen, Schabernack, Drachenblut, ein Teil des Weltenbaumes Yggdrasil usw. Das alles hat er dann in seiner Werkstatt auf der Insel der tausend Augen zusammengemixt.

Kommt der Ümpf wieder?

Hast du ihn im zweiten Band vermisst?

Ja.

Ich auch. Und ja, der Ümpf wird mit einem ganz großen Auftritt im 3. Band zurückkehren.

Was ist unter den Helmen von Krottenschraten und dem Schratmeister?

Noch eine Spoiler-Frage. Also, die Helme von Krottenschraten bestehen aus Kreide. Im zweiten Kwest-Abenteuer, „Mission Bademantel“, erfährt man da schon etwas mehr. Aber eine genaue Antwort muss ich dir bis Band 4 schuldig bleiben. Darin wird alles geklärt.

Lernt Dario zaubern?

So richtig Zaubersprüche aufsagen, kann Dario nicht, dafür benutzt er magische Artefakte. Aber - und auch dafür bewegen wir uns jetzt schon über den 2. Band hinaus - trägt Dario etwas in sich, das ihn sehr stark mit der Koboldwelt verbindet und was später noch eine große Rolle spielen wird.

Zu welchem Koboldklan gehört König Do-Sohn-des-Ri-Sohn-des-An?

Der Koboldkönig ist ein waschechter Kraumantel und damit eine Seltenheit auf dem Thron. Denn vor ihm stammten die meisten Koboldkönige aus dem Klan der Niflungen, das sind Kobolde mit roter Hautfarbe.

Interview mit Daniel Bleckmann auf der Frankfurter Buchmesse KoboldKroniken


Haben die Missionsbände Einfluss auf die Hauptstory? Stecken in ihnen Hintergrundinfos, die man für die eigentliche Geschichte braucht?

Nein, auf keinen Fall. Die Missionsbände sind Bonusmaterial. Wenn man in den Weltenbau eintauchen möchte, dann helfen die Bände dabei, diesen ein bisschen besser zu verstehen. Sie sind aber keine Voraussetzung, ebenso wenig das Kartenspiel, das viele Hintergrundinfos enthält.

Der nächste Band, „Klassenfahrt mit Klabauter“ erscheint im Februar 2024. Was erwartet uns darin?

Wir gehen auf Klassenfahrt, wie der Name schon sagt. Dario & Co fahren an die Nordsee und sind erst mal froh, dass sie von Kwertz ein bisschen weiter weg sind. Das Portal nach Kwertz ist ja direkt an der Schule. Aber Kwertz lässt sie natürlich nicht los. Alberich lässt sie nicht los. Und wir lernen einen neuen Koboldklan kennen, nämlich die Klabauter. Und dann gibt’s noch ganz viel über Drakkball, den Koboldsport. Ach ja, und der Ümpf kehrt wie gesagt auch in Band 3 zurück.

Wie wird es nach dem 3. Band weitergehen?

Mit Band 4 und Band 5.

Hat die Reihe ein festgelegtes Ende?

Ja. Es sind erstmal fünf Bände geplant. Wenn die Fans dann noch mehr wollen, kann es natürlich weitergehen. Es gibt noch so viele lose Stränge, deren Enden offen sind, sodass man da einen Spin-Off draus machen kann. Aber diese Story habe ich auf fünf Bände angelegt.

Was macht dir beim Schreiben besonders viel Spaß?

Viel. Erst mal tauche ich total gerne in die Geschichte ein. Ich lach mich auch selber manchmal über meine eigenen Texte kaputt. Dann weiß ich, ich bin auf dem richtigen Weg. Ich verstecke ganz viele Easter Eggs aus Filmen, Computerspielen und Serien da drinnen und bin immer ganz happy, wenn Leute da irgendetwas rausgefunden haben. Aber generell, wenn ich einen Text habe und Thomas lässt ihn dann quasi in Bildern auferstehen, dann ist das ein ganz toller Moment. Wenn er zum ersten Mal einen Klabauter malt, dann denk ich mir, so sehen die also aus? Toll.

Interview mit Daniel Bleckmann auf der Frankfurter Buchmesse KoboldKronikenAn welchen anderen Projekten arbeitest du derzeit sonst noch?

Neben dem Unterricht, den ich selber gebe? Das ist auch ein Projekt. *lacht*
Neben Biologie und Deutsch habe ich auch noch zwei Exit-Bücher bei Kosmos, die sich an eine ältere Zielgruppe richten.
Außerdem sind wir in die Entstehung der ganzen Nebenprodukte involviert. Was noch zusätzlich zu den KoboldKroniken rauskommt: zum Spielen, zum Reinschrieben, zum Malen. Ich schreibe also nicht nur, es passiert noch ganz viel hinter den Kulissen, wovon ich aber leider noch nicht viel erzählen darf.

Die Ergebnisse der PIRLS/IGLU-Studie zur Lesekomptenz unserer Schülerinnen und Schüler war niederschmetternd. Beobachtest du das auch bei dir im Unterricht?

Darum habe ich die KoboldKroniken geschrieben. Ich sehe, dass die Aufmerksamkeitsspanne und das Verständnis von längeren Texten leider immer mehr sinkt. Mit den KoboldKroniken will ich dem begegnen, indem wir 50% Text und 50% Bilder haben, kurze Kapitel und hohe Identifikation. Ich finde, in vielen Büchern, die für die Schule gemacht werden, wird das einfach nicht bedient. Da werden immer noch „Emil und die Detektive“ und „Krabat“ gelesen. Das geht an der Realität völlig vorbei! Ich meine, das sind tolle Bücher. Aber wenn man einem Neun- oder Zehnjährigen diese Texte gibt, die teils vor fast 100 Jahren erschienen sind, mit Alltagsproblemen, die vor vielen Jahrzehnen aktuell waren, dann catcht man die Kinder nicht!
Ich sehe auch in meinen Klassen, dass die Anzahl der Lesenden nicht so hoch ist, wie man das gerne hätte. Deswegen versuche ich ständig Material zu geben, Vorschläge zu machen. Ich sage ihnen, es ist egal, was ihr lest, aber Hauptsache ihr lest! Und wenn es „nur“ Minecraft-Bücher sind, von mir aus auch Anleitungen zu Computerspielen. Lesen ist die Kernkompetenz. Ohne dem ist alles andere sehr schwierig.

Nimmst du deine Bücher mit in den Unterricht?

Ja. Ich mache es nicht direkt in meinem Deutschunterricht, aber wenn ich eine Vertretungsstunde habe, erzähle ich von den Kobolden und wir zeichnen auch ein bisschen zusammen. Neben meinem Job halte ich auch viele Lesungen an Schulen und in Bibliotheken, um Kindern zu zeigen, da gibt es noch irgendwas.

Welche Altersstufe hattest du beim Schreiben im Sinn?

Der Verlag empfiehlt das Buch ab 9 Jahre. Ich denke, Neunjährige kriegen das aufgrund der Komplexität und des Umfangs gut hin. Aber auch ein Zehn-, Elfjähriger kann das Buch gut lesen. Es ist sehr individuell. Ich habe aber auch schon Dreizehnjährige erlebt, die die KoboldKroniken immer noch cool finden. Obwohl viele erst mal glauben, sie wären dem schon entwachsen, sie wären schon cooler als das. Doch die lassen sich mitunter auch abholen. Ich kenne auch Siebenjährige, die das schon gelesen haben. Sozusagen fast als Erstleser, aber das ist dann schon die Ausnahme.

Lieber Daniel, vielen Dank, dass du dir hier auf der Messe Zeit für das Interview genommen hast. Wir wünschen dir und Thomas Hussung noch viel Erfolg und viel Spaß mit den Kobolden!


Sie sind unter uns (1)

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Oetinger, gebunden, 184 Seiten
ISBN: 978-3-7512-0208-4
Preis (D): 15,00 €

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Voll verschatzt! (2)

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Oetinger, gebunden, 192 Seiten
ISBN: 978-3-7512-0209-1
Preis (D): 15,00 €

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