Caspar und der Meister des Vergessens

von Stefanie Taschinski
Rezension von Janett Cernohuby | 30. November 2016

Caspar und der Meister des Vergessens

Manchmal scheinen Menschen Marionetten zu sein. Sie tun, was man ihnen sagt. Sie folgen blind jeder Anweisung und sie scheinen still zu stehen, wenn ihnen niemand Anweisungen gibt. Doch wer weiß? Vielleicht tragen sie ja wirklich unsichtbare Fäden, die von einem höheren Wesen gelenkt werden. So wie die Figuren in Stefanie Taschinskis Kinderbuch "Caspar und der Meister des Vergessens".

Seit Generation gehört Caspars Familie einer Dynastie von Puppenspielern an. Aktuell sind seine Eltern mit einem neuen Stück und einer neuen Puppe sehr erfolgreich, da holt sie über Silvester ein alter Familienfluch ein. Von einem Tag auf den anderen ist Caspars kleiner Bruder Till verschwunden - und mit ihm alle seine Sachen und Möbel. Caspars Eltern können sich nicht einmal mehr an ihr jüngstes Kind erinnern. Nur er und seine große Schwester wissen noch von Till. Wild entschlossen macht sich Caspar auf die Suche nach Till. Da helfen auch die warnenden Worte des treuen Gesellen aus dem Puppentheater nichts. Casper stellt sich einem geheimnisvollen Meister entgegen - und muss nicht nur gegen ihn kämpfen, sondern auch gegen das Vergessen.

"Caspar und der Meister des Vergessens" ist ein großartiger und unglaublich atmosphärischer Roman. Autorin Stefanie Taschinski webt für ihre jungen Leser ab zehn Jahren hier eine spannende Geschichte rund um Marionetten, einen schicksalshaften Vertrag, verborgene Orte und dunkle Mächte. Bald schon ist nicht nur Caspar durch einen Silberfaden an den Meister gebunden, sondern auch der Leser durch einen unsichtbaren Faden an das Buch.
Die Geschichte beginnt zunächst wie eine gewöhnliche Familiengeschichte. Der Ausgangspunkt ist das reale Kopenhagen, wo Casper und seine Familie leben. Doch bald schon betreten wir eine zweite Welt, die innerhalb der unsrigen existiert. Das Reich Memoria, in dem ein mysteriöser Meister alle Fäden in der Hand hält - wortwörtlich. Caspar begibt sich leichtsinnigerweise in dessen Reich und gerät natürlich schon bald in die Fänge des Meisters. Nur eine unbewusste, vorausschauende Tat seiner Schwester hilft ihm, Schlimmeres zu verhindern.
Hier also beginnt das eigentliche Abenteuer. Dieses ist - innerhalb des für Leser dieser Altersgruppe Zumutbaren - dunkel, gefährlich und voller Geheimnisse. Fesselnd und spannend erzählt Stefanie Taschinski ihre Geschichte. Ihr gelingt es mit Worten, Umschreibungen und Schilderungen, den Runden Turm, der das Reich Memoria beherbergt, zu beschreiben und vor dem inneren Auge des Lesers heraufzubeschwören. Der Leser taucht ein in das Geschehen, fiebert mit, bangt und hofft, kann sich aber nicht vorstellen, wie Caspar die Fäden zum Meister trennen will, ohne dass jemand zu Schaden kommt. Bis zum Ende bleibt die Handlung spannend und vor allem unvorhersehbar. Das Ende ist gelungen, zumal hier auch die Verzweiflung und die Ausweglosigkeit, in der Caspar steckt, gut dargestellt werden. Doch genau das ist es, was ihm letztendlich die Lösung eingibt und wodurch er alles zum Guten wenden kann.

"Caspar und der Meister des Vergessens" ist ein großartiges, spannendes und vor allem unglaublich atmosphärisches Kinderbuch. Es enthält neben einem Abenteuer auch phantastische Elemente und führt den Leser in eine Parallelwelt, die sich mitten in Kopenhagen befindet. Das Buch fesselt und lässt erst wieder los, wenn auch die letzte Seite gelesen und der letzte Faden getrennt ist. Absolut empfehlenswert!

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