Ramas Flucht

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von Margriet Ruurs, Nizar Ali Badr (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 06. Februar 2017

Ramas Flucht

Albert Einstein sagte einmal, dass Frieden nicht durch Gewalt erhalten werden könne, sondern nur durch Verständnis erreicht werden würde. Leider ist Verständnis jedoch etwas, das uns in der aktuellen Zeit oft fehlt. Mit jenem Zitat von Einstein beginnt Margriet Ruurs' Bilderbuch "Ramas Flucht", in dem sie versucht, Verständnis in uns zu wecken. Um die Dramatik der erzählten Geschichte noch zu unterstreichen, wählte sie ganz besondere Illustrationen. Nämlich Bilder des Steinkünstlers Nazar Ali Badr.

Jeden Morgen werden Rama und ihr Bruder Sami vom Hahn geweckt, der lautstark kräht. Rama lebt auf dem Land, irgendwo in Syrien. Ihr Vater arbeitet auf dem Feld, während der Großvater Fische fängt. Ramas Kindheit ist glücklich. Sie spielt und lacht mit ihrem Bruder. Sie rennt durch den Garten, springt über Steine. Doch dann ändert sich alles. Dann kommt der Krieg. Es gibt nicht mehr genug zu essen. Die Angst ist allgegenwärtig und immer mehr Nachbarn packen ihre Sachen und fliehen. In ein Land, in dem es keinen Krieg gibt, sondern Hoffnung. Als die Bomben immer näher kommen, beschließt auch Ramas Familie, sich dem Strom der Flüchtenden anzuschließen. Eine lange, beschwerliche und gefährliche Reise liegt vor ihnen.

Ramas Flucht"Ramas Flucht" ist ein ergreifendes Kinderbuch, das mit klaren und direkten Worten eine tragische Geschichte erzählt. Eine Geschichte, die eigentlich keine ist, sondern ein Ereignis im Leben tausender Menschen. Der Krieg in Syrien hat Existenzen zerstört. Familien, glückliche Kinder - das alles gibt es nicht mehr, sondern nur noch Leid und Kummer. Davon erzählt Margriet Ruurs ergreifend in ihrem Buch. Zunächst erinnert sich ihre Protagonistin Rama an die Zeit vor dem Krieg. Als sie glücklich mit ihrer Familie in einem Haus auf dem Land lebte. Es sind kleine Elemente, die große Gefühle im Leser wecken. Der Hahn, der jeden Morgen krähte, die Ziege, die meckerte oder das Gartentor, das quietschte. Vertraute Dinge, die es mit einem Schlag nicht mehr in Ramas Leben gab. Stattdessen zogen Angst und Kummer ein. Ein beschwerlicher, langer Weg, der die Familie weg von ihrem Zuhause führte. Angst um das Leben und Trauer über jene, die das Meer auf ihrer Flucht für sich behalten hat. Doch es gibt nicht nur Schreckliches, was der Familie widerfährt. Am Ende ihrer beschwerlichen Flucht warten Menschlichkeit und Freude - und die Hoffnung, wieder in die Heimat zurückkehren zu können. Wenn der Krieg vorbei ist.

Ramas Flucht All das verpackt die Autorin ergreifend und erschütternd in ihrem Kinderbuch. Altersgerecht, aber dennoch emotional. Eine solch berührende Geschichte braucht natürlich auch die passenden Illustrationen. Margriet Ruurs fand sie in den Bildern von Nizar Ali Badr, einem syrischen Steinkünstler. Mit großen und kleinen, bunten und weißen Steinen legt er einzigartige Kompositionen. Das Bild von einer Mutter mit Baby auf dem Arm, hinter der der Vater mit einem schweren Bündel geht, berührte Margriet Ruurs so tief, dass sie alles daran setzte, Nizar Ali Badr von ihrer Idee des Kinderbuchs zu überzeugen. Für dieses legte er wunderbare Kompositionen. Bilder, die eine Familie zeigen, glücklich unterm Orangenbaum sitzend. Bilder von friedlichen Zeiten, die allerdings bald von Bildern des Leids abgelöst werden. Menschen hinter Gittern, Menschengruppen die vor dem Krieg fliehen, schwer beladen mit Gepäck. Menschen, die im überfüllten Boot über das Meer fahren und Menschen, die darin ertrinken. Wenngleich nur mit Steinen auf einem einfarbigen Untergrund gelegt, haben die Bilder eine unglaubliche Tiefe. Sie strahlen das Glück, die Verzweiflung und die Hoffnung gleichermaßen aus. Sie spiegeln Freude und Traurigkeit wider und greifen die Stimmung des Kinderbuchs auf einmalige Art auf. Hier wurde etwas Großartiges geschaffen, ein Buch das einmalig ist und das hoffentlich ganz viele Leser finden wird.

"Ramas Flucht" ist ein gefühlvolles Kinderbuch, das ohne übermäßig zu dramatisieren eine dennoch ergreifende Geschichte erzählt. Margriet Ruurs zeigt das Leben vor, während und nach der Flucht, während Nizar Ali Badrs Steinbilder die Stimmung einzigartig einfängt und wiedergibt. Beides zusammen ergibt ein einzigartiges Kinderbuch, voller Emotionen und Gefühle.

Fotos von Gerstenberg Verlag

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