Tilda und der Duft der Welt

von Iris Wolfermann, Karin Koch
Rezension von Janett Cernohuby | 26. März 2015

Tilda und der Duft der Welt

Wie riecht die Welt? Welchen Duft hat sie? Für den einzelnen, eine Gruppe, Kinder, Erwachsene? Wann empfindet man den Geruch nach Waldboden als angenehm und wann als modrig? Die kleine Tilda findet es toll, dass die Welt so unterschiedliche Gerüche hat. Welche sie davon mag und welche weniger und warum, wird in Karin Kochs Bilderbuch "Tilda und der Duft der Welt" erzählt.

Tilda lebt mit ihrem vierjährigen Bruder und seiner Mama zusammen in einer Wohnung. Ihren Papa sehen die Kinder nur gelegentlich am Wochenende, denn die Eltern haben sich getrennt. Obwohl es bei Papa müffelt, freuen sich die Kinder immer riesig auf den Besuch bei ihm. Dann gibt es Pfannkuchen, lange Fernsehabende und Cola. Mama ist wenig angetan von diesen Besuchen und fragt Tilda auch immer ganz genau nach, was sie dort machen. Bis sie eines Tages verbietet, dass die Kinder zu Papa fahren dürfen. Beide Geschwister sind sehr traurig, können aber nichts ausrichten. Oder vielleicht doch? Denn als Hans sich im Winter im Schuppen einsperrt und erst rauskommen will, wenn Papa kommt, beginnen die Eltern ihr Verhalten zu ändern.

Einfühlsam und sensibel erzählt Karin Koch die Geschichte von Tilda und ihrem kleinen Bruder. Dabei geht sie auf Trennungskinder und deren Gefühle ein. Sie zeigt, wie sie denken, was sie fühlen. Es geht nicht darum, warum sich Eltern getrennt haben, sondern wie die Kinder damit zurechtkommen. Auch zeigt sie sehr deutlich, wie Kinder diesen Zustand empfinden und darunter leiden. Insbesondere wenn die Differenzen so tief liegen, dass sie ein Elternteil nicht mehr sehen dürfen. Und zwar nicht, weil dieses kein Interesse hat oder gegen das Wohl der Kinder handelt, sondern weil die Wut der Erwachsenen aufeinander so tief sitzt.
Man spürt die Hilflosigkeit der Kinder und ihre Ohnmacht gegenüber der Entscheidung der Mutter. Diese agiert teilweise recht hinterhältig, nutzt Tildas Naivität aus, um genau das zu hören, was sie hören will. Es interessiert sie nicht, was der Vater schönes mit den Kindern unternommen hat, sie will nur ihre Meinung bestätigt bekommen hat. Ihre Meinung, dass der Vater sich nicht gut um die Tilda und Hans kümmert, dass er sie vernachlässigt. Ebenso versucht sie den Kindern auch ihre eigene negative Meinung über den Vater einzureden. Etwa wenn sie fragt, ob der Papa sich noch immer nicht rasiert.
Illustriert wurde das Buch von Iris Wolfermann. Die bunten Bleistiftzeichnungen spiegeln die Traurigkeit von Tilda und ihrem Bruder sehr gut wieder. Sie erzählen von glücklichen Stunden beim Papa und von der Sehnsucht nach ihm. Auffällig ist vor allem, dass der Vater als Person immer wieder zu sehen ist, die Mutter jedoch nur halb oder gar von hinten gemalt wurde. Der Vater lächelt, ist traurig, tröstet. Die Mutter bleibt im Verborgenen, hat kein Gesicht. Das vermittelt ein Gefühl der Distanz beim Leser. Der Vater hat Gefühle, bemüht sich um seine Kinder, verwöhnt sie auch einmal. Die Mutter sorgt für gesundes Essen und einen sauberen Haushalt. Sie funktioniert. So unterstreichen die Bilder von Iris Wolfermann die Geschichte, die Karin Koch mit Worten erzählt.

"Tilda und der Duft der Welt" ist ein einfühlsames und sensibles Bilderbuch zum Thema Trennung der Eltern. Die Autorin erzählt wie sich Kinder nach einer Trennung fühlen, wie sie die Streitereien der Eltern wahrnehmen. Es ist ein Kinderbuch mit der klaren Botschaft an die Eltern, dass ihre Kinder unter der Trennung leiden und diese nicht verstehen können. Es ist aber auch ein Buch mit einer Botschaft an Kinder, dass sie durchaus den Wunsch äußern dürfen und das Recht haben, das andere Elternteil (meistens der Vater) zu sehen. So wird "Tilda und der Duft der Welt" zu einem wertvollen Buch, dass wir Familien in vergleichbaren Situationen ans Herz legen möchten.

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Bewertung

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