MUT ich

Antolin Quiz

Warum machen alle mit?
von Hans-Jürgen van der Gieth, Ulli Potofski
Rezension von Janett Cernohuby | 08. Februar 2023

MUT ich

Während der Schulzeit schließen sich einzelne Kinder zu kleineren Gruppen zusammen, sogenannten Cliquen. Diese verbringen viel Zeit zusammen, nicht nur in der Schule. Manche haben Erkennungszeichen oder Begrüßungsrituale, andere treffen sich regelmäßig zu bestimmten Aktivitäten. Es entsteht eine Gruppendynamik, an der sich alle beteiligen und der alle mit Begeisterung begegnen. Das ist gut, denn es stärkt Kinder. Doch leider kann sich eine Gruppendynamik auch in die falsche Richtung entwickeln. Genau darum geht es in Hans-Jürgen van der Giehts und Ulli Potofskis Kinderbuch.

Falscher Zusammenhalt

Die Clique von Ben trifft sich regelmäßig im Wald. Dort spielen sie einfache Kinderspiele, wie etwa Seilspringen. Das steht heute auf dem Plan und ist eigentlich babyeinfach. Dennoch stolpert Paul über das Seil und fällt als erster zu Boden. Sofort schreien die anderen laut „Opfer“ und zeigen mit dem Finger auf ihn. Doch das Schlimmste kommt erst, denn laut Bens Regeln wird der Verlierer bestraft. Genauso wie er es in der Netflix-Serie „Squid Game“ gesehen hat. Hier werden die Verlierer auch bestraft, nämlich mit dem Tod. Ben findet die Serie cool und schaut sie regelmäßig an. Manchmal sogar mit seinen Freunden, obwohl sie alle erst in die 4. und 5. Klasse gehen.
Ben lässt sich immer neue Spiele einfallen, nichts Schweres, schließlich sollen ja alle mitmachen. Doch die Strafen für den Verlierer werden immer härter, bis Ben den Bogen überspannt und es zu einem folgeschweren Unfall kommt.

MUT ich. Warum machen alle mit?

Mutproben in Zeiten von Netflix und Squid Game

„Squid Game“ ist vermutlich allen Erwachsenen ein Begriff, gab es darüber schon zahlreiche Diskussionen. Die Serie wird für die Autoren zum Aufhänger dieses Kinderbuchs. Anhand der Gruppe um Ben beschreiben Jans-Jürgen van der Gieth und Ulli Potofski wie die Serie auf Kinder wirkt und wie Kinder sie nachahmen. Ben nimmt „Squid Game“ mit in die eigene Clique und will die Spannung und den Nervenkitzel dieser Serie nachahmen. Dass es gelingt, liegt nicht zuletzt daran, dass Ben eine sehr dominante Person ist. Sein Wort hat Gewicht, ihm traut sich keiner zu widersprechen. So kommt es auch, dass zwar viele Kinder mit den Strafen nicht einverstanden sind, dass sie sich hinterher schlecht fühlen und Gewissensbisse haben. Doch keiner traut sich etwas dagegen zu sagen. Schließlich machen ja alle mit. Da will man kein Spielverderber sein, nicht zum nächsten Opfer und Schwächling werden. Diese schlechte Gruppendynamik schaukelt sich immer weiter hoch. Die Angst wächst und erst als die Katastrophe passiert ist, beginnen die Kinder zu begreifen, dass sie früher hätten Stopp sagen müssen. Doch da ist es bereits zu spät und die Konsequenzen lassen nicht lange auf sich warten. Wobei, so wirkliche überzeugend kommen die Konsequenzen nicht rüber. Das Ende der Geschichte ist viel zu glatt und einfach gestaltet. Ben entschuldigt sich, die anderen räumen ein, zu lange still gewesen zu sein, und alles ist gut.

Seien wir ehrlich, im wahren Leben wäre an diesem Punkt gar nichts gut. Denn jetzt würde die eigentliche Aufarbeitung des Vorfalls erst beginnen. Hier haben die Autoren ein sehr einfaches und schnelles Ende gewählt. Dafür steckten sie etwas mehr Ausarbeitung in die vorangegangenen Ereignisse. Wir lernen die Kinder dieser Clique kennen, bekommen einen kurzen Einblick in ihr Leben und in ihre Gedanken. Vor allem die Frage nach der Richtigkeit dieser Spiele oder vielmehr der Strafen bewegt alle. Ebenso die Angst aufzufallen und selbst zum Opfer zu werden. Das kann man gut nachvollziehen. Doch um gerade diese Punkte für Kinder aufzuklären, hätte es eines tiefergehenden Endes bedurft. Einem Ende, in dem Konsequenzen viel klarer beschrieben werden. Einem Ende, das Kindern den Mut macht, sich Hilfe bei Erwachsenen zu suchen. Nicht nur, wenn man zum Opfer dummer Strafen wird, sondern vor allem dann, wenn man so etwas beobachtet und weiß, dass es falsch ist. Denn nur das Aufzeigen von Fehlern reicht nicht. Man muss Kindern auch zeigen, dass Hilfe holen kein Zeichen von Schwäche, sondern Stärke ist. Da macht es sich das Buch am Ende zu einfach.

MUT ich. Warum machen alle mit?

„MUT ich“ erzählt die Geschichte einer Clique, die sich in einer falschen Gruppendynamik verliert. Alltagsnah und nachvollziehbar beschreiben die Autoren eine typische Schulclique, die jedoch über falsche Einflüsse auf die falsche Spur gerät. Es fehlt an Mut, um rechtzeitig aufzuhören und so nimmt das Unheil seinen Lauf.

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