Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge

Antolin Quiz
von Nils Pickert, Lena Hesse (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 10. Januar 2023

Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge

Schon lange wünschen wir uns mehr Diversität und weniger Geschlechterklischees in Kinderbüchern. Nicht erst in Kinderromanen und Jugendbüchern, sondern schon in Vorlesegeschichten für ein jüngeres Publikum. Nils Pickert kam diesem Ruf nach und schuf mit „Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge“ eine ganz besondere Freundschaftsgeschichte, die mit festgelegten Geschlechterrollen aufräumt.

Von rasselnden Säbeln und bunten Bändern

In seinem Vorlesebuch stellt uns Autor Nils Pickert zwei aufgeweckte Kinder vor. Zunächst ist da Mara, die gemeinsam mit ihrem Papa wohnt und alles toll findet, was mit Seeräubern und dem Meer zu tun hat. Mara hat drei Enterhaken, einen echten Holzsäbel und einen Hund namens Landratte. Mit ihm stürmt sie durchs Leben und entert, was ihr unter die Nase kommt, doch am liebsten Papas Kartoffelpuffer-Goldtaler. Genauso, wie es sich für ein waschechtes Seeräubermädchen gehört.
Vor kurzem ist Milo in ihre Nachbarschaft gezogen. Milo ist das ganze Gegenteil von Mara. Er hat drei Krönchen, einen Elfenzauberstab und Puppe Lulu, mit der er am liebsten Ballettgeschichten liest. Wie es sich für einen richtigen Prinzessinnenjungen gehört, weiß er genau, wie man bunte Bänder an die Schaukel bindet, um dann durch die Lüfte zu fliegen.
Eines Tages lernen sich Milo und Mara auf dem Spielplatz kennen. Von nun an entern sie gemeinsam feindliche Schiffe oder fliegen mit bunten Bändern durch die Luft. Die beiden sind unzertrennlich. Doch dann fährt Mara mit ihrem Papa in den Urlaub ans Meer. Die beiden Kinder vermissen sich schrecklich und auch nach Maras Rückkehr will diese „Vermissung“, wie sie es nennt, einfach nicht verschwinden. Ein Plan muss her, wie Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge wieder zusammenfinden.

Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge

Wunderbare Freundschaftsgeschichte abseits jeglicher Klischees

Kinder gehen sehr unbefangen aufeinander zu und kennen keine Rollenklischees. Die werden ihnen erst von uns Erwachsenen beigebracht. Das sieht man sehr schön am Beispiel von Mara und Milo. Beide Kinder entsprechen nicht den typischen Geschlechterklischees, sondern dürfen sich frei und nach ihren persönlichen Vorlieben entwickeln. Ihre Eltern akzeptieren sie so, wie sie sind. Und bestärken sie auch darin. Lediglich wenn Milo in den Kindergarten geht, fallen blöde Kommentare zu längst überholten Rollenbildern. Doch steht dies nicht im Mittelpunkt dieses Vorlesebuchs. Denn das erzählt von der besonderen Freundschaft zwischen dem Seeräubermädchen Mara und dem Prinzessinnenjungen Milo. Mit kindlicher Unbefangenheit und Leichtigkeit zeigt der Autor, wie diese ganz gegensätzlichen Kinder zusammenfinden und sich wunderbar ergänzen. Ihr lebendiges und braves Spiel vermischt sich, wird zu etwas Neuem, in dem für alle Interessen und Vorlieben Platz ist. Wofür kein Raum ist, sind längst überholte Geschlechterklischees. Das wird aber nicht zum Thema gemacht, sondern einfach von den Charakteren gelebt. Betont wird nur die starke Freundschaft zwischen den beiden Kindern, aber auch zwischen den Eltern. Der geplante Urlaub am Meer bringt Unsicherheit und auch Entfremdung mit. Es fällt den Kindern schwer, sich danach wieder zusammenzufinden, ebenso den Eltern. Letzteres ist nicht ganz so schlüssig und nachvollziehbar.
Mit an Bord des Vorlesebuchs ist Lena Hesse. Sie schuf die lebendigen und verspielten Illustrationen zur Geschichte. Diese wirbeln und fliegen durch die Seiten, zeigen zwei aufgeweckte Kinder, die ihren Platz gefunden haben und deren besondere Freundschaft sie in ihrem Wesen stärkt. All das lässt eine berührende Geschichte über Freundschaft und Identität entstehen.

Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge

„Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge“ ist ein fröhliches und berührendes Vorlesebuch für alle Kinder, die sich nicht in vorgelegte Geschlechterrollen drängen lassen wollen. Hier erfahren sie, dass sie so sein dürfen, wie sie wollen. Dass sie ihre Interessen und Vorlieben ausleben können, egal was andere sagen. All das passiert unaufgeregt und selbstverständlich. Eben so, wie es auch in unserem Alltag sein sollte.

Details

Bewertung

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